Reaktionsentropie
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Grundlagen zum Thema Reaktionsentropie
Im Verlauf einer chemischen Reaktion ändert sich in der Regel die Entropie des betrachteten Systems. Diese Änderung bezeichnet man als Reaktionsentropie. Bezieht man sich auf Standardzustände, dann spricht man von der Standardreaktionsentropie. Generell begünstigt eine Zunahme der Entropie die chemische Reaktion. Dennoch können auch Reaktionen stattfinden, bei denen sich die Entropie des Systems verringert - vorausgesetzt die Entropie der Umgebung des Systems steigt entsprechend. Wie sich die Entropie ändert, lässt sich durch die Betrachtung der beteiligten Verbindungen und ihrer Aggregatzustände abschätzen.
Transkript Reaktionsentropie
Hallo und herzlich willkommen!
Der Titel dieses Videos lautet: "Die Reaktionsentropie". Nach dem Video weißt du dann, 1. was die Reaktionsentropie überhaupt ist, 2. wie man sie abschätzt und berechnet und 3. warum ihre Kenntnis überhaupt wichtig ist.
Du solltest allerdings bereits wissen, 1. was die Entropie ganz allgemein ist, 2. wie der erste und der zweite Hauptsatz der Thermodynamik lauten und außerdem noch, wie sich die verschiedenen Aggregatzustände voneinander unterscheiden.
Wie ihr ja vielleicht wisst, ist die Entropie eine Zustandsgröße, die mit dem Buchstaben S bezeichnet wird. Ausgehend von einem Zustand A, den wir in einen Zustand B umwandeln, können wir die Entropiedifferenz dieser beiden Zustände ausrechnen, indem wir die Entropie A von der Entropie B abziehen. Außerdem wisst ihr vielleicht, dass in jedem abgeschlossenen System gilt: Diese Entropiedifferenz ist stets ≥0.
Nun und da wir es hier mit Chemie zu tun haben, kann die Zustandsänderung von A nach B zum Beispiel eine chemische Reaktion sein, etwa die Reaktion A+B ergibt C+D. Sowohl für die Edukte als auch für die Produkte können wir sogenannte Standardentropien festlegen oder nachlesen, analog etwa den Standardenthalpien von Stoffen. Bilden wir nun die Differenz aus den Standardentropien der Produkte und der Edukte, dann können wir die Reaktionsentropie dieser Reaktion berechnen. Diese Reaktionsentropie symbolisiert so etwas, wie die Änderung der Ordnung unseres Reaktionsgemisches. Wie ihr seht, läuft das ganz analog zur Berechnung der Standardreaktionsenthalpie.
Hier einmal ein konkretes Beispiel. Schauen wir uns die sogenannte Chlorknallgasreaktion an, also die Reaktion zwischen H2 und Cl2 zu 2 HCl. Gegeben sind die Standardentropien von Edukten und Produkten, die ich hier aus dem Buch habe, die da lauten 130,7 kJ/(mol×K) für Wasserstoff, 223,1 kJ/(mol×K) für Chlor und 186,9 kJ/(mol×K) für HCl. Für die Berechnung müssen wir die Standardentropie für des HCl doppelt nehmen, weil ja 2 Moleküle HCl entstehen und erhalten dann als Standardentropie dieser Reaktion 20 kJ/(mol×K). Wie man sieht, ist das Vorzeichen dieser Standardreaktionsentropie positiv, was uns mitteilt, dass diese Reaktion entropisch begünstigt ist.
Ein zweites Beispiel wäre die Reaktion von Stickstoff und 3 Molekülen Wasserstoff zu 2 Molekülen Ammoniak, wobei die Standardentropien in dieser Reihenfolge lauten: 191,6 kJ/(mol×K), 130,7 kJ/(mol×K) und 192,5 kJ/(mol×K). Unter Berücksichtigung der stöchiometrischen Faktoren lautet die Standardreaktionsentropie -198,7 kJ/(mol×K). Das Vorzeichen diese Reaktion ist negativ, was uns sagt, dass diese Reaktion entropisch nicht begünstigt ist. Nun ist es ja leider so, dass man nicht immer all die Standardreaktionsentropien von allen Stoffen zur Hand hat, weshalb die Berechnung der Standardreaktionsentropie mitunter schwer fällt. Um herauszufinden, ob eine Reaktion entropisch begünstigt oder nicht begünstigt ist, reicht es aber manchmal schon, die Reaktionsentropie einfach abzuschätzen. Und das tut man, indem man den Aggregatzustand von Edukten und Produkten berücksichtigt. Wie soll das gehen bzw. warum geht das? Nun, wie wir wissen, ist die Entropie ein Maß für die Unordnung eines Systems. Vergleicht man nun die 3 Aggregatszustände fest, flüssig und gasförmig, dann wird man feststellen, dass der feste Aggregatszustand der geordnetste Zustand ist. Und das ist insofern plausibel, als dass in einem Festkörper die Atome bzw. Moleküle in der Regel in einem starren Gitter gefangen sind und sich nicht nach Herzenslust bewegen können. Der flüssige Zustand ist schon etwas weniger geordnet, weil sich die Moleküle hier ja mehr oder weniger frei bewegen können, allerdings unter der Bedingung, dass sie den Zusammenhalt noch wahren. Vom flüssigen Zustand gibt es mehr Möglichkeiten ihn aufzumalen als vom festen und deshalb ist der flüssige Zustand auch der wahrscheinlichere bzw. entropisch begünstigte. Schaut man sich nun den gasförmigen Zustand an, so ist er völlig ungeordnet. Die Moleküle flitzen wild hin und her, sie berühren sich nicht einmal mehr und von diesem gasförmigen Zustand lassen sich ganz viele Möglichkeiten aufzeichnen, wie er beschaffen sein könnte. Das bedeutet, dieser Zustand ist der entropisch begünstigste. Man kann auch sagen: Die Entropie des festen Zustandes ist kleiner als die Entropie des flüssigen Zustandes und die wiederum ist kleiner als die Entropie des gasförmigen Zustandes. Das sei hier einmal am Beispiel des Wassers aufgezeigt. Festes Wasser hat eine Standardentropie von 48 kJ/(mol×K), flüssiges Wasser eine von 70 kJ/(mol×K) und gasförmiges Wasser eine von 189 kJ/(mol×K). Man sieht daran auch, dass der Entropieunterschied zwischen fester und flüssiger Substanz nicht gar so groß ist, wie der Unterschied zwischen flüssiger und gasförmiger. Für eine Abschätzung der Entropieänderung reicht es deshalb manchmal aus, einfach nachzuschauen, ob ein Gas entsteht oder ein Gas verbraucht wird im Laufe der Reaktion. Nimmt im Verlauf einer Reaktion die Anzahl von Gasmolekülen zu, so nimmt auch die Entropie des Systems zu. Nimmt die Anzahl der Gasmoleküle ab, so nimmt auch die Entropie ab.
Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkt mal diese Reaktion, die wir eben schon hatten, Stickstoff reagiert mit Wasserstoff zu Ammoniak, so sind alle 3 beteiligten Stoffe Gase. Auf der linken Seite haben wir 4 Gasmoleküle, auf der rechten Seite haben wir 2 Gasmoleküle. Und da die Anzahl der Gasmoleküle im Verlauf der Reaktion abnimmt, liegt die Vermutung nahe, dass auch die Standardreaktionsentropie negativ ist. Naja und siehe da bzw. wir wussten das ja schon, sie beträgt -198,6 kJ/(mol×K).
Ihr wisst ja bereits, dass die Entropie anzeigt, in welche Richtung eine Reaktion oder ein Vorgang abläuft. Ihr wisst weiterhin, dass die Entropie insgesamt immer zunehmen muss. Da stellt sich doch dann vernünftigerweise die Frage: Können Reaktionen mit negativer Reaktionsentropie dann überhaupt ablaufen? Ja, das geht schon. Und zwar, wenn die Entropie in der Umgebung des Reaktionssystems um einen größeren Betrag steigt, als sie im Laufe der Reaktion im System abnimmt. Man kann also sagen: Die Summe der Entropieänderung der Umgebung und der Entropieänderung des Systems muss >0 sein.
Hierzu ein konkretes Beispiel. Sagen wir mal, wir haben ein Reaktionsgefäß, welches einen Wärmeaustausch mit der Umgebung möglich macht, nicht aber keinen Materialaustausch. Da aber ein Wärmeaustausch möglich ist, handelt es sich um ein nicht abgeschlossenes System. Wir setzen die Temperatur insgesamt auf 10°C und geben ein paar Eiswürfel in den Behälter. Was wird voraussichtlich passieren? Die Eiswürfel schmelzen. Festes Wasser verwandelt sich in flüssiges Wasser. Übrigens ist dieser Vorgang streng genommen keine chemische Reaktion, sondern einfach nur eine Umwandlung des Aggregatzustandes, aber er veranschaulicht eben sehr schön, worum es geht. Die Entropieänderung für diesen Schmelzvorgang wird mit 22 J/(mol×K) angegeben und die Enthalpieänderung mit 6010 J/mol. Es ist also ein endothermer Vorgang. Nun gut. Wir hatten ja gesagt, dass der 2. Hauptsatz der Thermodynamik fordert, dass die Gesamtentropieänderung >0 sein soll. Die Gesamtentropieänderung, also ΔS(total) setzt sich zusammen aus der Summe der Entropieänderung unseres Systems und der Entropieänderung der Umgebung. Die Entropieänderung des Systems ist aber gleich die Reaktionsentropie dieses Vorganges, nämlich die 22 J/(mol×K). Um die Entropieänderung der Umgebung zu verstehen, muss man sich vor Augen halten, dass nur Wärme mit der Umgebung ausgetauscht werden kann . Das heißt also, dass die Entropieänderung der Umgebung der abgegebenen Wärme proportional sein muss. Weiterhin muss man sich vor Augen halten, dass wenn ich einem kalten Körper eine gewisse Wärmemenge zuführe, ich eine größere Temperaturänderung erhalte, als wenn ich einem warmen Körper dieselbe Energiemenge zuführe. Je geringer die Temperatur, desto größer die Entropieänderung. Von daher berechnet sich die Temperaturänderung der Umgebung mit dem Term -ΔH/T. Wer an einer detaillierteren Herleitung dieses Terms interessiert ist, der möge bitte in einschlägige Lehrbücher schauen, an dieser Stelle möchte ich das nicht näher ausführen. ΔS(total) berechnet sich folglich aus ΔSR+(-ΔH/T). Und setzen wir da jetzt die Zahlen aus unserem Beispiel ein, so ergeben sich aus 22 J/(mol×K)-(6010 J/mol)/283 K ein Wert von 0,8 J/(mol×K). Es ist ein positiver Wert, was gleichbedeutend damit ist, dass dieser Schmelzprozess spontan stattfinden würde. Und bekanntlich schmilzt Eis ja bei 10°C.
Schauen wir jetzt den umgekehrten Fall an. Wir möchten unser geschmolzenes Wasser wieder in Eis verwandeln. Wir kehren also die Pfeilrichtung der Reaktion um. Damit kehren sich auch die Vorzeichen von Standardreaktionsentropie und Reaktionsenthalpie von + nach - um. Setzen wir diese neuen Zahlen nun in unsere Gleichung ΔS(total)=ΔSR+(-ΔH/T) ein, dann ergibt sich ein Wert von -0,8 J/(mol×K). Dieser Wert für die Gesamtentropieveränderung ist negativ, was gleichbedeutend ist, mit der Tatsache, dass sich flüssiges Wasser bei 10°C eben nicht spontan in Eis verwandelt. Nun verändern wir mal die Temperatur von +10°C auf -10°C. Damit ändert sich der Wert unter dem Bruchstrich im 2. Term von 283 K auf 263 K. Diese kleine Veränderung bewirkt, dass aus einem negativen Gesamtentropiewert ein positiver wird: +0,9 J/(mol×K). Kurzum: Bei -10°C würde die Reaktion von flüssigem Wasser zu festem Wasser spontan ablaufen. Und es weiß ja jedes Kind, dass im Winter, wenn es kalt ist, das Wasser gefriert. Ihr seht nun also auch, wozu es gut ist, die Reaktionsentropie einer bestimmten Reaktion zu kennen. Sie sagt nämlich etwas darüber aus, ob eine Reaktion spontan ablaufen wird oder eben nicht. Bzw. kann sie sogar darüber Auskunft geben, wie die Temperatur sein muss, damit eine Reaktion spontan ablaufen kann.
So und damit wären wir auch schon am Ende des Videos angelangt. Wir haben darin besprochen, was die Reaktionsentropie ist und wie man sie abschätzt bzw. berechnet. Und natürlich auch, wozu das gut sein soll.
Danke fürs Zuschauen, tschüss und bis zum nächsten Mal!
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Perfekt erklärt! Habe ich auch bei der Übung gut verwenden können. Danke :D
Sehr gut veranschaulicht ! Hat mir geholfen, jetzt nurnoch ein paar Videos zu Wasserdampfenergiegehaltsänderungen und ich wäre glücklich :-)