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„Der gute Mensch von Sezuan“ - Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Brecht)

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Deutsch-Team
„Der gute Mensch von Sezuan“ - Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Brecht)
lernst du in der Oberstufe 7. Klasse - 8. Klasse - 9. Klasse

Grundlagen zum Thema „Der gute Mensch von Sezuan“ - Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Brecht)

„Der gute Mensch von Sezuan" ist das meist gespielte Stück Brechts überhaupt. Die Uraufführung fand in Zürich statt. Später gab es u.a. Aufführungen in der DDR und in der BRD. Hier erfährst du alles Wichtige über die Rezeption des Werks und mögliche Interpretationen. Viel Vergüngen mit diesem Parabelstück.

Transkript „Der gute Mensch von Sezuan“ - Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Brecht)

Wie reagierte das Publikum auf Brechts Stück "Der gute Mensch von Sezuan"?

Thematisiert es doch die alte Frage nach dem Ursprung des Bösen und der Fähigkeit des Menschen zur Güte. Dies geschah vor dem Hintergrund von Brechts politischen und wirtschaftlichen Erfahrungen in den zwanziger und dreißiger Jahren.

Er hat es größtenteils im Exil verfasst und nicht mehr selbst inszenieren bzw. auf die Bühne bringen können. Dies war erst unter völlig veränderten Vorzeichen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges möglich. "Der gute Mensch von Sezuan" ist das meistgespielte Stück Brechts überhaupt. Während des Exils wurde es in deutscher Sprache im Züricher Schauspielhaus uraufgeführt.

Parabelstück

Dieses Drama ist ein Parabelstück, wie der Untertitel verrät.Diesen Begriff hat Brecht selbst geprägt. Eine Parabel ist eine lehrhafte Erzählung, die menschliche Verhaltensweisen aufzeigt und bewertet. Dieses Prinzip überträgt Brecht auf das Theater. Durch den Bezug zu einem anderen, aber analogen Wirklichkeitsbereich wird ein Urteil oder ein Verständnis der Realität vermittelt.

Verfremdungseffekt und episches Theater

Stellvertretend für alle ausgebeuteten Arbeiter und andere vom Kapitalismus Geschädigte zeigt Brecht eine Prostituierte, die an den wirtschaftlichen Verhältnisse scheitert. Die Prostituierte ist für Brecht ein Extremfall des verkommenen Kapitalismus. Sie verkauft nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern sogar ihren Körper und ihre Liebesfähigkeit.

Das Aufspüren dieser Analogie zwischen den Geschehnissen um eine chinesische Prostituierte und den gesellschaftlichen Verhältnissen der kapitalistischen Welt ist Aufgabe des Zuschauers. Man muss also den Verfremdungseffekt, den Brecht benutzt, entziffern. Auch der Begriff der Verfremdung ist ein Kernbegriff aus Brechts epischem Theater.

Das epische Theater steht im Gegensatz zur dramatischen Aufführungsweise. Brecht geht den Weg von außen nach innen. Die Geste des Menschen verrät, was in seine Inneren vorgeht.

Gegensatz zum aristotelischen Drama

Dies steht im Gegensatz zur psychologischen Vorgehensweise der Tradition des aristotelischen Dramas, die aus dem Inneren das Äußere herleitet. Verfremdung geschieht im Drama auf vielfältige Weise.

Der Erzähler und die Unterbrechung der Handlung durch Lieder schaffen Distanz zwischen dem Zuschauer und dem Erzählten.

Aufruf zu politischer Aktivität

Diese Eingriffe geschehen aus belehrenden Gründen: Der Zuschauer soll die Veränderbarkeit der gesellschaftlichen kapitalistischen Verhältnisse begreifen und zu politisch-marxistischer Aktivität aufgerufen werden.

Unter Marxismus versteht Brecht die Überführung des Privateigentums in Gemeinschaftseigentum und eine Wirtschaft nach Plan statt der freien Marktwirtschaft.

Politisch-historischer Hintergrund der Rezeption

An den Zweiten Weltkrieg, schloss sich zunächst die Zeit des Wiederaufbaus durch die deutschen Trümmerfrauen an. Diese Nachkriegszeit entwickelte sich allmählich zu einer Phase des Kalten Krieges. Die wesentlichen Kontrahenten waren die freiheitlich-demokratische USA mit Verbündeten Frankreich/England und die sozialistische Sowjetunion im Osten.

Deutschland wurde von diesen Besatzungsmächten geteilt: Zum einen in demokratische, an Marktwirtschaft orientierte Westzonen, und zum anderen in die sozialistisch an Planwirtschaft orientierte Ostzone, die später die DDR wurde. In diese sozialistische DDR, die eng mit Sowjetunion verbündet war, zog Brecht im Jahre 1948, weil er dort seine marxistische Grundhaltung verwirklicht sah.

„Der gute Mensch von Sezuan“ - Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Brecht) Übung

Du möchtest dein gelerntes Wissen anwenden? Mit den Aufgaben zum Video „Der gute Mensch von Sezuan“ - Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Brecht) kannst du es wiederholen und üben.
  • Beschreibe den historischen Hintergrund der Rezeption von „Der gute Mensch von Sezuan”.

    Tipps

    Der Sozialismus geht Hand in Hand mit einer Planwirtschaft. Hilft dir das weiter?

    Überlege noch einmal, welche Teile Deutschlands mit dem Mauerfall wiedervereint wurden.

    Lösung

    Verschiedene Faktoren beeinflussten die Rezeption des Stücks „Der gute Mensch von Sezuan”.

    • Deutschland befand sich nach dem Zweiten Weltkrieg im Wiederaufbau, den maßgeblich die Trümmerfrauen geleistet haben.
    • Die Entwicklung des Kalten Krieges begann. Das bedeutet, dass zwar vorerst kein Krieg mit Waffen auf deutschem Gebiet mehr ausgetragen wurde, aber dass sich die zwei Supermächte USA und Sowjetunion auf deutschem Boden gegenüberstanden.
    • Demzufolge wurde Deutschland in zwei Gebiete aufgeteilt. Der Bau der Mauer erfolgt allerdings im Jahre 1961. Das war nach Brechts Tod.
    • Der Westen war die demokratische und an freier Marktwirtschaft orientierte Zone. Sie hieß, wie heute, Bundesrepublik Deutschland.
    • Der Osten, später die DDR, orientierte sich an den Konzepten der Planwirtschaft und dem Sozialismus.
    • Im Jahre 1948 zog Brecht in den Osten Berlins, da er dort den Marxismus, an den er glaubte, verwirklicht sah. Das Scheitern der DDR erlebte er nicht mehr mit.
    Versuche zu überlegen, wie das Stück jeweils im Westen und im Osten Deutschlands aufgenommen wurde.

  • Fasse das epische Theater nach Bertolt Brecht zusammen.

    Tipps

    Überlege noch einmal, wodurch sich das aristotelische Drama auszeichnet.

    In „Der gute Mensch von Sezuan” kritisiert Brecht die gesellschaftlichen Verhältnisse. Hilft dir das weiter?

    Lösung

    Das epische Theater wurde maßgeblich von Bertolt Brecht geprägt.

    • Die Geste des Menschen verrät, was in seinem Inneren vorgeht. Darauf müssen sich auch Schauspieler/-innen im epischen Theater einstellen und das verkörpern. Trotzdem soll dadurch keine Identifikation ermöglicht werden.
    • Das aristotelische Drama verfolgte eine psychologische Vorgehensweisen, bei der das Äußere aus dem Inneren hergeleitet werden soll. Besonders durch Mitfühlen sollten die Zuschauer/-innen sich mit den Figuren identifizieren können.
    • Der/die Erzähler/-in und die Unterbrechung der Handlung durch Lieder sorgen dafür, dass der/die Zuschauer/-in sich von dem Geschehen distanzieren kann. Bevor die Zuschauer/-innen die Möglichkeit haben, sich mit den Figuren zu identifizieren, wird die Handlung durchbrochen. Brecht wollte Illusionen vermeiden und die Zuschauer/-innen konstant daran erinnern, dass sie sich im Theater befinden.
    • Das epische Theater folgt nicht den drei Einheiten von Ort, Zeit und Handlung, die das aristotelische Drama ausmachen. Das epische Theater ist eine Form des offenen Dramas, also alles was sich von der geschlossenen Form abkehrt.

  • Analysiere den Textauszug aus „Der gute Mensch von Sezuan” mit Hinblick auf den Verfremdungseffekt.

    Tipps

    Musik kann ein Teil des Verfremdungseffekts sein. Was noch?

    Lösung

    Die Ansprache des Publikums ist ein häufiges Mittel des Verfremdungseffekts. Der Verfremdungseffekt soll vor allem verhindern, dass das Publikum sich mit den Figuren identifiziert. So wird Distanz zum Geschehen geschaffen.

    • Im ersten Teil spricht Shen Te das Publikum an, als sie über ihren Freund Yang Sun, einen arbeitslosen Flieger, spricht. Eine mögliche Analyse dieser Stelle ist, dass der/die Zuschauer/-in Shen Tes Verhalten hinterfragen soll. Sie lässt sich von ihrem Partner ausnutzen und verteidigt ihn trotzdem.
    • Im zweiten Teil spricht Shen Te das Publikum erneut an. Der Monolog geht noch weiter und soll wahrscheinlich ebenfalls die Zuschauer/-innen zum Nachdenken anregen. Shen Te ist selbst verschuldet und unglücklich mit Yang Sun, aber erwartet nun ein Kind von ihm.
    Eine Identifikation mit der Hauptfigur soll also hier möglichst vermieden werden. Die Zuschauer/-innen werden aufgefordert, ihr Verhalten kritisch zu betrachten.

  • Ermittle, wie der Marxismus als Handlungsgrundlage das Stück „Der gute Mensch von Sezuan” verändern würde.

    Tipps

    Überlege noch einmal, was bei einer Planwirtschaft reguliert werden müsste.

    Welche Dinge zählen zum Privateigentum?

    Lösung

    Bertolt Brecht wollte vermutlich mit seinem Stück zu politischer Aktivität aufrufen. Dabei sollten die Zuschauer/-innen die Veränderbarkeit der gesellschaftlichen kapitalistischen Verhältnisse begreifen. In dem Stück werden also die Missstände aufgezeigt, um den Zuschauenden am Ende den Schritt des Nachdenkens zu überlassen. Das Aufzeigen einer Wunschgesellschaft hätte nicht den gewünschten dramatischen Effekt erzielt.

    Trotzdem könnte dies so aussehen:

    • In „Der gute Mensch von Sezuan” würde dann der Tabakwarenladen und alle anderen Geschäfte und Häuser verstaatlicht werden, um das Privateigentum abzuschaffen.
    • Für eine Revolution der Arbeiterklasse würden sich Shen Te, Wang und alle anderen der arbeitenden Bevölkerung Angehörenden gegen Shu Fu und Mi Tzü auflehnen.
    • Im Kommunismus, der nach Brecht optimalen Gesellschaftsform, bestünde kein Bedarf an Polizist/-innen, da jegliche Herrschaftsform abgeschafft werden würde. Real war dies aber zum Beispiel in der DDR nicht der Fall.
    • Für die Planwirtschaft würde der Staat den Tabakwarenladen lenken, planen und auch bestimmen, zu welchen Preisen die Waren verkauft werden sollen. Die Erträge würden dann umverteilt und zu gleichen Teilen allen Bewohner/-innen Sezuans zustehen.
    • Die Arbeitslosen würden mit Arbeit und einem entsprechenden Lohn versorgt werden. Das gehört auch zum Prinzip des Kommunismus, war hier aber nicht zuzuordnen.

  • Gib kurz die Definition der Parabel wieder.

    Tipps

    Sezuan soll repräsentativ für alle Orte auf der Welt stehen, an denen Menschen andere Menschen ausnutzen. Hilft dir das weiter?

    Lösung

    Die richtige Definition lautet:

    • Eine Parabel ist eine lehrhafte Erzählung, die menschliche Verhaltensweisen aufzeigt und eine Bewertung dieser mitliefert. Bei „Der gute Mensch von Sezuan” werden unterschiedliche Verhaltensweisen der Bewohner/-innen Sezuans aufgezeigt, aber vorrangig Egoismus und Betrug.
    • Dieses Erzählprinzip überträgt Brecht auf das Theater. In der Regel wird dieses Erzählprinzip im Bereich der Prosa angewandt. Ein bekanntes Beispiel dafür ist „Vor dem Gesetz” von Franz Kafka.
    • Durch den Bezug zu einem anderen, analogen Wirklichkeitsbereich, also einem Bereich in der Wirklichkeit, der dem in der Erzählung ähnlich ist, wird ein Urteil beziehungsweise ein Verständnis der realen Welt vermittelt.
    Im Falle von „Der gute Mensch von Sezuan” betrifft das Verständnis die Idee des Marxismus Brechts und sorgt für ein negatives Urteil dem Kapitalismus gegenüber.

  • Entscheide dich für Interpretationen im Kontext der Entstehungszeit des Stücks „Der gute Mensch von Sezuan”.

    Tipps

    Versuche das Gedicht in einen Kontext mit dem Schreiben des Stücks zu bringen. Kritisierte Brecht die gesellschaftlichen Verhältnisse Dänemarks?

    Lösung

    „Der gute Mensch von Sezuan” wurde von Brecht größtenteils im Exil verfasst. Wie an dem Gedicht „Über die Bezeichnung Emigranten” erkennbar ist, hatte er trotzdem noch Interesse daran, was in Deutschland passierte. Besonders die politischen und wirtschaftlichen Erfahrungen in den 20er und 30er Jahren prägten sein Verständnis des Kapitalismus.

    Die passenden Antworten sind demnach:

    • Brecht musste zur Zeit das Nationalsozialismus ins Exil fliehen. Das waren unter anderem Dänemark und Finnland. Die Instabilität Deutschlands und die Herrschaft Hitlers bedrohten seine Existenz. In seinem Gedicht „Über die Bezeichnung Emigranten” wird klar, dass er trotzdem versuchte, auf die deutsche Gesellschaft Einfluss zu nehmen. Besonders die Verse „Das letzte Wort // ist noch nicht gesprochen.” zeigen, dass seine Kapitalismuskritik trotzdem auf offene Augen und Ohren stoßen sollte.
    • Brecht sah sich selbst, wie in dem Gedicht zu erkennen ist, nicht als Emigranten, sondern als in das Exil Vertriebener an. Freiwillig war er nicht „ausgewandert”. Er versuchte durch sein Schaffen trotzdem Einfluss auf das politische und literarische Geschehen Deutschlands zu nehmen und forderte die Menschen indirekt auf, die Gesellschaft zu überdenken. Lieber wäre es ihm wahrscheinlich gewesen, wenn er weiterhin in Deutschland hätte Schreiben und Leben können.
    Das Stück wurde zunächst in Zürich, also in der Schweiz, aufgeführt. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde es Brechts am meisten gespieltes Stück überhaupt. Auch heute befinden sich noch viele Autorinnen und Autoren im Exil.

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