„Die Vermessung der Welt“ – Entstehungsgeschichte (Kehlmann)
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Grundlagen zum Thema „Die Vermessung der Welt“ – Entstehungsgeschichte (Kehlmann)
In diesem Video zur Entstehungsgeschichte von Daniel Kehlmanns Roman „Die Vermessung der Welt“ lernst du wann und wie der Text entstand. Du erfährst, was Kehlmann außer den Leben und der Forschung von Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt noch inspiriert hat. Außerdem lernst du etwas darüber, wie man den Roman literarisch einordnen kann. Viel Spaß!
Transkript „Die Vermessung der Welt“ – Entstehungsgeschichte (Kehlmann)
Daniel Kehlmann, "Die Vermessung der Welt", Entstehungsgeschichte. Im September 1828 fährt Carl Friedrich Gauß in Begleitung seines Sohnes Eugen in die preußische Hauptstadt Berlin ein. "In ein paar Jahren, sagte Eugen, werde das hier eine Metropole sein wie Rom, Paris oder Sankt Petersburg. Niemals, sagte Gauß. Widerliche Stadt!" Endlich klappte die Tür auf und Gauß stieß vorsichtig auf die Straße hinab. Er zuckte zurück, als Humboldt ihn an der Schulter fasste und rief, welche Ehre es sei, was für ein großer Moment für Deutschland, die Wissenschaft, ihn selbst. So beschreibt Daniel Kehlmann in seinem Roman "Die Vermessung der Welt" die erste Begegnung seiner Protagonisten, Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß. Es handelt sich um zwei große deutsche Wissenschaftler, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Alexander von Humboldt hatte Carl Friedrich Gauß zu einem Treffen bei der 17. Tagung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte in Berlin eingeladen. Vier Jahre später waren sie beide Mitglieder internationalen Kooperation erdmagnetischer Messungen. Gauß war Mathematiker, Physiker und Astronom, er gehörte damals zu den bedeutendsten Naturwissenschaftlern und galt als Fürst der Mathematik. In seinem Werk zeigte er stets einen praktischen Sinn für Anwendung und Messung. Gauß war ein Genius der Abstraktion, der seinen engen Lebenskreis nicht verließ. Ganz anders Alexander von Humboldt. Er strebte in die Welt, beeinflusst von der Klassik bereiste er Südamerika, um die Natur zu erforschen und zu erleben, um zu sammeln und zu kartieren. Er maß die fremden Kulturen an den Idealen der Klassik und trug humanistische Gedanken auf den amerikanischen Kontinent. Gauß und Humboldt haben gemeinsam beispielsweise das Fundament für das GPS-System gelegt. Die fiktive Doppelbiografie dieser Wissenschaftler erschien im Jahre 2005 unter dem Titel "Die Vermessung der Welt" als sechstes Buch von Daniel Kehlmann. Die Branche und nicht zuletzt der Autor selbst waren überrascht, vom fulminanten Erfolg des Buches. Buchhändler berichten, dass "Die Vermessung der Welt" vorzugsweise von männlichen Lesern gekauft wurde, die ein naturwissenschaftliches Studium absolviert haben. Das ist ungewöhnlich für Belletristik. Inzwischen wurde der Titel in mehr als vierzig Sprachen übersetzt, allein in Deutschland mehr als zwei Millionen Mal verkauft und somit eines der erfolgreichsten Bücher der deutschen Gegenwartsliteratur. "Die Vermessung der Welt" lässt sich literarisch schwer einordnen, es ist weder Sachbuch noch historischer Roman. Kehlmann selbst nennt das Buch in einem Interview einen Gegenwartsroman, der in der Vergangenheit spielt. Man kann ihn auch als Wissenschaftsroman, Entdecker- und Abenteuerroman, Reiseroman, Entwicklungsroman lesen. Die Betonung liegt dabei stets auf Roman. Wie aber entstand der Roman und was inspirierte Kehlmann? Die Figur von Gauß entstand beim Schreiben des Romans zuerst. Der Naturwissenschaftler Gauß war Kehlmann bereits aus der Schule bekannt. Er las Leonard Mlodinows "Euclid's Window" über die Geschichte der Geometrie. Gauß Briefe und seine Schriften über die Mathematik kannte er genau. Später entwickelte Kehlmann Alexander von Humboldt als Gegenpart zu Gauß. Kehlmann las seine "Ansichten der Natur mit wissenschaftlichen Erläuterungen" von 1808 und seine Briefwechsel, besonders den mit seinem Bruder Wilhelm von Humboldt. Auch der Film "Aguirre, der Zorn Gottes" von Werner Herzog aus dem Jahr 1972 diente Kehlmann als Inspiration. Er handelt von dem Abenteuer Lope de Aguirre, der 1560 an einer Amazonasexpedition teilnahm. Bekannt war ihm auch Charles Marie de La Condamine, ein Wegbereiter Humboldts. Er war ein Mathematiker und Astronom des 18. Jahrhunderts und vermaß einen Breitengrad unterhalb des Äquators. Ausgehend von diesen Inspirationen verbindet Daniel Kehlmann in "Die Vermessung der Welt" philosophischen Anspruch mit Unterhaltsamkeit. Er beschreibt die Wissenschaftler in ihrer Schrulligkeit und preußischer Strenge, die uns einerseits komisch erscheint, andererseits auch Respekt vor ihren Leistungen abverlangt. Kehlmanns Studium der germanistischen Literaturwissenschaft und Philosophie spiegelt sich in diesem Formexperiment wieder.
„Die Vermessung der Welt“ – Entstehungsgeschichte (Kehlmann) Übung
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Zeige auf, welche Aussagen auf Alexander von Humboldt und welche auf Carl Friedrich Gauß zutreffen.
TippsAbstraktion geht Hand in Hand mit Theorie. Hilft dir das weiter?
Alexander von Humboldt forschte praktisch. Hilft dir das weiter?
LösungDie beiden Wissenschaftler, die bei der Tagung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte das erste und einzige Mal aufeinandertreffen, sind sehr unterschiedlich.
- Alexander von Humboldt war beeinflusst von der Klassik, aber auch von der Bewegung der Aufklärung. Er reiste nach Südamerika. Dort wollte er die Natur erleben und erforschen. Außerdem zeichnete er Karten und sammelte viele Objekte. Außerdem trug er humanistische Gedanken auf den amerikanischen Kontinent. Er verglich alles in seiner dortigen Umgebung mit seinen eigenen Vorstellungen.
- Carl Friedrich Gauß, auch als Fürst der Mathematik bekannt, war Mathematiker, Physiker und Astronom. Er studierte mit einem Stipendium Mathematik. Er arbeitete generell eher theoretisch und war ein Genius der Abstraktion. Das heißt, dass er lieber zu Hause mit Papier am Schreibtisch arbeitete, als in der weiten Welt zu forschen. Er verließ seinen engen Lebenskreis nie oder nur sehr ungern. Seine Mutter war im Prinzip die einzige Person, die Zugang zu ihm und seinen Gefühlen hatte.
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Fasse die Ideenfindung Daniel Kehlmanns für den Roman „Die Vermessung der Welt” zusammen.
TippsÜberlege noch einmal, welcher der beiden Protagonisten als Gegenstück zum anderen geschaffen wurde.
LösungDaniel Kehlmann hatte die Figuren des Romans gründlich durchdacht, bevor er mit dem Schreiben begann.
- Er las „Euclid's Window” und Gauß' Schriften. Das geschah schon während der Schulzeit. Daher war ihm Gauß schon lange bekannt.
- Carl Friedrich Gauß entstand dann zuerst beim Schreiben des Romans. Während des Schreibprozesses formte sich die Figur weiter.
- Daniel Kehlmann überlegte, welche Figur als Gegenstück Gauß' passend wäre. Er las Humboldts „Ansichten der Natur mit wissenschaftlichen Erläuterungen”. Außerdem las er den Briefwechsel der Brüder Humboldt.
- Alexander von Humboldt wurde daraus resultierend entwickelt. Kehlmann versuchte, ihn so gegensätzlich wie möglich zu Gauß zu zeichnen.
- Auch der Film „Aguirre, der Zorn Gottes” inspirierte Kehlmanns Schreibprozess. Darin geht es um einen Entdecker und Forscher, ähnlich wie Alexander von Humboldt.
- Weiterhin bekannt war ihm Charles Marie de La Condamine, der als Wegbereiter Humboldts angesehen werden kann.
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Ermittle Gegensatzpaare, die der Autor in „Die Vermessung der Welt” verarbeitet hat.
TippsCarl Friedrich Gauß ist ein Anhänger der Wissenschaft. Sein Sohn interessiert sich für andere Dinge. Welche sind das?
LösungIm Roman „Die Vermessung der Welt” lassen sich einige Gegensätze ausmachen. Möglicherweise hat Daniel Kehlmann diese beim Schreiben bedacht.
- Deutschland und Südamerika werden als gegensätzlich dargestellt. Besonders in Südamerika fällt auf, wie „deutsch” Alexander von Humboldt ist. In einem Interview betonte Daniel Kehlmann, dass er das herausstellen wollte.
- Wissenschaft und Kunst sind ein weiteres Gegensatzpaar. Eugen Gauß schreibt Gedichte und interessiert sich für das Buch Deutsche Turnkunst. Sein Vater kann damit nichts anfangen und ist allein der Wissenschaft zugetan.
- Historisches und Fiktives stehen sich gegenüber. Kehlmann hat Fakten und Fiktion miteinander verwoben und ist sich der Authentizitätsproblematik bewusst. Er erhebt keinen Anspruch auf die Wahrheit des Geschriebenen.
- Theorie und Praxis ist einer der auffälligsten Gegensätze. So verkörpert Gauß den starren Theoretiker und Humboldt den Forscher, der in der Praxis die Welt erschließen will.
- Daraus folgend stehen sich die beiden Protagonisten gegenüber. Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt könnten unterschiedlicher nicht sein. Genau das hat Daniel Kehlmann bei der Entstehung bedacht.
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Arbeite heraus, warum „Die Vermessung der Welt” als Werk des Magischen Realismus bezeichnet wird.
TippsDie Grenze zwischen Realität und Phantasie verschwimmt im magischen Realismus.
LösungIm magischen Realismus treten phantastische Figuren oder Ereignisse oftmals plötzlich und unerwartet in eine real beschriebene Welt. Daniel Kehlmann hat dieses Mittel bewusst eingesetzt, wie er mehrfach in Interviews betont hat.
- „Die Vermessung der Welt” thematisiert den Aberglauben der lateinamerikanischen Ureinwohner und damit die Mythologie. Das wird zum Beispiel beim Besuch der Höhle deutlich, von der geglaubt wird, dass es das „Reich der Toten” sei. Alexander von Humboldt steht dem kritisch gegenüber.
- Ein Wahrsager sagt Bonpland voraus, dass er eine Zeit lang in Südamerika verweilen wird. Bei Humboldt hingegen kann er nicht aus der Hand lesen.
- Alexander von Humboldt besitzt zwar einen unstillbaren Wissensdrang, jedoch ist das kein Mittel des magischen Realismus.
- Carl Friedrich Gauß glaubt an mathematische Gesetze. Diese Tatsache deutet nicht auf phantastische Elemente hin.
- Die Religiosität der Charaktere wird nicht eingehend thematisiert.
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Gib wieder, zu welchen Genres man den Roman „Die Vermessung der Welt” zuordnen kann.
TippsIn dem Buch treffen Fiktion und Fakten aufeinander. Kann es ein Sachbuch sein?
Alexander von Humboldt begibt sich auf ein Schiff, um die Welt zu erkunden. Worauf deutet das hin?
LösungDas Buch „Die Vermessung der Welt” von Daniel Kehlmann kann als
- Wissenschaftsroman,
- Abenteuerroman,
- Reiseroman oder
- Entwicklungsroman gelesen werden werden.
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Entscheide, welche historischen Abweichungen in „Die Vermessung der Welt” kritisiert werden.
TippsDie pädophile Darstellung Alexander von Humboldts wird oft kritisiert. Ist das gleichbedeutend mit Homosexualität?
LösungDie Frage nach der Authentizität wurde im Zusammenhang mit „Die Vermessung der Welt” oft gestellt. Es gibt einige eindeutig inkorrekte geschichtliche Darstellungen:
- Immanuel Kant und Carl Friedrich Gauß haben sich in Wirklichkeit nie getroffen. Dieser enttäuscht Gauß im Roman in großem Maße.
- Im 19. Jahrhundert wurde nicht in Englisch über lateinische Werke gesprochen.
- Historiker und Mathematiker kritisieren, dass Gauß keineswegs so weltfremd war, wie er im Buch dargestellt wird.
Laut Daniel Kehlmann sind die meisten Abweichungen beabsichtigt.
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