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„Dantons Tod“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Büchner)

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„Dantons Tod“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Büchner)
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Grundlagen zum Thema „Dantons Tod“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Büchner)

Büchner hat den Begriff "Fatalismus der Geschichte" geprägt. Weißt du, was damit gemeint ist? Inwiefern trifft dieser Begriff auf "Dantons Tod" zu? Du wirst es in diesem Video erfahren. Ebenso erfährst du, warum die Revolution bei Büchner gar nicht heldenhaft ist, sondern zerstörerisch. Gleichzeitig wird erklärt, weshalb Danton gar keine Lust mehr auf Politik und auf das Leben hat. Zudem wirst du sehen, wie viel Hindernisse das Geschichtsdrama überwinden musste, bis es endlich erfolgreich war. Viel Vergnügen!

Transkript „Dantons Tod“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Büchner)

Georg Büchner: Dantons Tod - Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte

„(...) die Revolution ist wie ein Saturn, sie frißt ihre eigenen Kinder.“ Diesen berühmten Satz sagt Danton, der Revolutionär, im ersten Akt des Geschichtsdramas „Dantons Tod“. Die Revolution frisst ihre Kinder – was meint er damit?

Die Französische Revolution ist das Hauptthema des Stücks. In ihr spielt sich alles ab und an ihr scheiden sich die Geister. Büchner zeichnet mittels des Dramas ein Bild der Französischen Revolution. In einem Brief schrieb er: „Ich betrachte mein Drama wie ein geschichtliches Gemälde, das seinem Original gleich muss.“

Büchner hatte also den Anspruch, ein möglichst wirklichkeitsgetreues Bild der Revolution zu zeichnen. Seine Zeichnung fällt nüchtern aus: weder die Revolutionäre noch das Volk werden verherrlicht.

Im Gegenteil: Am Volk zeigt sich, dass die Revolution ihre Ziele noch nicht erreicht hat. Das Volk lebt noch immer im Elend und die Unterschiede zwischen den Ständen sind nicht aufgehoben. Weil das Volk so sehr leidet, ist es anfällig für Hass und Feindbilder. Nur zu leicht entbrennt Gewalt auf der Straße und vermeintlich Reiche werden der sogenannten Lynchjustiz ausgeliefert. Das bedeutet, dass das Volk selber über sie richtet.

In seiner Not ist das Volk wankelmütig und je nach Situation für verschiedene Ideologien empfänglich. Doch die Köpfe, die im Namen der Revolution geopfert werden, bringen dem Volk nichts zu essen. So benennt es auch Danton in seiner Verteidigungsrede: „Ihr wollt Brot, und sie werfen euch Köpfe hin! Ihr durstet, und sie machen euch das Blut von den Stufen der Guillotine lecken!“

Bei den Revolutionären selbst sieht die Stimmung nicht viel besser aus. Für die Figur Robespierre ist zwar klar, dass das Ziel noch nicht erreicht und der Terror der richtige Weg ist. Dabei zeigt er sich in seinem Handeln genauso absolutistisch wie seine Todfeinde. Wenn Robespierre wie ein Alleinherrscher über Tod und Leben entscheidet, ist er nicht besser als die Königspolitik, die er verachtet.

Danton hingegen sind längst Zweifel gekommen. Zwar steht er noch immer hinter der Grundidee der Revolution und seinen Taten. Auch wenn ihn Gewissensbisse befallen, wenn er an die Septembermorde zurückdenkt. Doch inzwischen hält er die Hinrichtungen für nicht mehr nötig. Sie sind zum Selbstzweck geworden und also nicht mehr politisches Handeln, sondern Mord. Danton hat keine Lust mehr auf Politik. Denn er hat erkannt, dass die Prozesse sich verselbständigen.

Er und die anderen Revolutionäre waren nur Werkzeuge der Revolution, sie können den Fortgang nicht mehr steuern: „Wir haben nicht die Revolution, sondern die Revolution hat uns gemacht.“

Danton fühlt sich der Eigendynamik der Revolution ausgeliefert. Darunter leidet er und daher kommt auch sein Lebensüberdruss. Wenn der einzelne Mensch sein Leben nicht beeinflussen kann, verliert es an Sinn: „Puppen sind wir, von unbekannten Gewalten am Draht gezogen; nichts, nichts wir selbst!“

Diese Sichtweise, dass der einzelne Mensch einem übergeordneten Schicksal ausgeliefert ist, nennt man Fatalismus. Büchner hat mit seinem Drama und seinen Briefen den Begriff „Fatalismus der Geschichte“ geprägt. Danton ist dem Lauf der Geschichte hilflos ausgeliefert. Er wird am Ende von der Revolution gefressen.

Büchners „Dantons Tod“ hatte einen steinigen Weg vor sich. 1835 wurde es zum ersten Mal publiziert. Allerdings waren über 100 Stellen geändert worden. Insbesondere die obszönen Stellen wurden so entschärft. Wenig später wurde das Stück durch die Deutsche Bundesversammlung verboten.

1850 gab Büchners Bruder dessen „Nachgelassene Schriften“ heraus. Doch noch immer war „Dantons Tod“ stark verändert abgedruckt. Erst 1878/79 erschien eine Gesamtausgabe von Büchners Werk, die Stellen aus „Dantons Tod“ wiederhergestellt hatte. Verantwortlich dafür war Karl Emil Franzos, er hatte das Geschichtsdrama am Gymnasium kennengelernt. Büchners Familie wehrte sich jedoch gegen diese Ausgabe.

Die Uraufführung des Dramas fand 1902 durch den Verein „Freie Volksbühne“ in Berlin statt. Eine erneute Aufführung gab es 1913 in München. Doch beide Aufführungen riefen keine begeisterten Kritiken hervor.

Erst Max Reinhardts Inszenierung 1916 in Berlin brachte den Durchbruch. Sie wurde gelobt und Reinhardt tourte die kommenden Jahre mit seiner Inszenierung nach Wien und sogar nach New York.

Wichtig für die Büchner-Rezeption war auch Gerhart Hauptmann. Er setzte sich durch Vorträge und Vorlesungen für Büchners Werke ein.

Seit der Uraufführung wird “Dantons Tod” immer wieder auf vielen Bühnen gespielt. Und noch heute sind seine Form und Thematik modern. Denn “Dantons Tod” ist nicht nur ein historisches Drama und ein Stück über die Revolution. Vielmehr hinterfragt es die Grundbedingungen des menschlichen Seins.

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„Dantons Tod“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Büchner) Übung

Du möchtest dein gelerntes Wissen anwenden? Mit den Aufgaben zum Video „Dantons Tod“ – Interpretationsansatz und Rezeptionsgeschichte (Büchner) kannst du es wiederholen und üben.
  • Gib die Rezeptionsgeschichte des Werkes wieder.

    Tipps

    Erst nach und nach konnte das Werk rezipiert werden: Zuerst noch in zensierter Form, später im Originaltext. Erst dann wurde das Werk aufgeführt.

    Lösung

    Georg Büchner war ein scharfer Kritiker des bestehenden Systems. Das brachte ihm viele mächtige Feinde ein, weshalb seine Werke erst sehr spät nach seinem Tod frei zugänglich wurden.

    • Kurz vor seinem Tod, nämlich 1835, schaffte er es, „Dantons Tod“ als sein einziges literarisches Werk zu veröffentlichen. Allerdings wurde es stark zensiert und kurz darauf von der deutschen Bundesversammlung verboten.
    • 1850 gab der Bruder seine nachgelassenen Schriften und damit auch die anderen Dramen und Fragmente heraus, allerdings in stark abgeänderter Form.
    • 1878/79 gab der Schriftsteller Karl Emil Franzos die Werke schließlich in der ursprünglichen Fassung heraus.
    • 1902 wagte man sich in Berlin an die Uraufführung, die jedoch keinen Erfolg hatte.
    • 1913 spielte man das Stück in München.
    • Doch erst 1916 schaffte das Drama seinen Durchbruch mit der Inszenierung von Max Reinhardt, der damit später nach Wien und New York tourte.
  • Beschreibe, wie und auf welche Weise Büchner die Französische Revolution bewertet.

    Tipps

    Büchner konnte sich davon fernhalten, die Revolution zu glorifizieren: Er wollte über die Revolution nach historischen Maßstäben richten.

    Lösung

    Die Französische Revolution ist das Hauptthema des Dramas „Dantons Tod“. Büchner ging es dabei um eine Beurteilung der historischen Ereignisse nach möglichst objektiven und nicht-ideologischen Maßstäben. Er wollte ein wirklichkeitsgetreues Abbild zeichnen, das sich nicht der blinden Glorifizierung hingab.

    Das schaffte er, indem er klar herausstellte, dass die Revolution ihre Ziele nicht erreicht hatte: Das französische Volk war nach wie vor im Elend. Die fehlende Bildung und die schlechten Lebensverhältnisse der Bevölkerung ermöglichten den Machthabenden, es ideologisch zu lenken und zu manipulieren. Das Volk als Pöbel richtete durch Lynchjustiz über seine Feinde. Die tiefergehenden wirtschaftlichen Probleme wie z. B. der Gegensatz zwischen Arm und Reich wurden nicht berührt, weshalb die Menschen weiter Hunger litten.

    Doch auch für die Revolutionäre wird kein positives Bild gezeichnet: Robespierre war ein gewalttätiger Alleinherrscher über Leben und Tod. Damit stand er den absolutistischen Prinzipien seiner Feinde in nichts nach.

  • Erläutere das Konzept des Fatalismus.

    Tipps

    Fatalist/-innen glauben, dass alles vorherbestimmt bzw. determiniert sei. Dagegen sagen die Moralist/-innen, dass jede/-r für seine/ihre Taten verantwortlich sei.

    Lösung

    Die Frage, inwieweit der Mensch seine Geschichte beeinflussen kann, ist eine Grundkonstante der Philosophie. Sie betrifft die Freiheit der Entscheidung: Hat Gott mein Leben und Schicksal festgelegt? Oder irgendeine andere Macht? Wenn alles eine Ursache nach physikalischen Prinzipien hat, wie soll ich dann selbst außerhalb dieser Reaktionskette stehen? Sind meine Entscheidungen nicht durch meine Biographie und die Umwelt vorherbestimmt? Diese Gedanken finden sich in der Schule der Fatalist/-innen und Determinist/-innen wieder. Sie lehnen ab, dass der Mensch einen Willen hätte, der frei von materiellen Effekten das menschliche Handeln steuern könne.

    Letzteres verteidigen die Moralist/-innen. Moral braucht einen freien Willen. Denn ohne eigene Entscheidungsgewalt hätte man keine Option, zwischen verschiedenen guten oder schlechten Handlungen zu wählen. Und jede/-r von uns hat bereits die Erfahrung machen können, dass er/sie eine Entscheidung getroffen hat, die besser war als die Alternative. Ohne Schuldfähigkeit gibt es keine Schuld. Die Verteidiger/-innen der Freiheit des Willens geben letztendlich die Regeln zum Zusammenleben vor, indem sie ein bestimmtes Verhalten unter Strafe stellen.

  • Deute den nachfolgenden zentralen Satz des Dramas.

    Tipps

    Fatalismus vs. freier Wille: Welche Überzeugung spiegelt das Zitat wider? Worin sieht Büchner damit das Scheitern der Revolution und wem gibt er die Schuld am Scheitern?

    Lösung

    Saturn frisst seine Kinder: Diese antike römische Sage erzählt, dass Saturn, Vater von Jupiter und vormaliger oberster Gott, nach einem Orakelspruch von einem seiner Kinder entmachtet werden würde. Daher verschlingt er alle bis auf Jupiter, den seine Frau auf einer Insel versteckte und der später das Schicksal an seinem Vater erfüllte.

    In Büchners Drama spricht Danton diesen Satz aus. Man könnte den Satz zunächst so verstehen, dass die Revolutionsvertretenden ihre eigenen Fortschritte (Kinder) am Ende zerstören würden, z. B. durch unterschiedliche Positionen und Machtinteressen. Auch könnte gemeint sein, dass die Revolutionär/-innen (Kinder) von der Revolution selbst hingerichtet werden, wie es Danton und seiner Gefolgschaft im Stück widerfährt.

    Man könnte aber auch den Aspekt des Schicksalshaften der antiken Sage mit einbeziehen. Dann könnte das Zitat auch so verstanden werden, dass die Verhältnisse der Zeit (Saturn) die Anhänger/-innen der Revolution (Kinder) hervorgebracht und vernichtet haben: Die Kinder haben also keinen Einfluss darauf, wie die Revolution verläuft. Das stände im Widerspruch zum verbreiteten Glauben, dass es vor allem die Entscheidungsträger im Parlament (wie Robespierre, Danton etc.) gewesen seien, die über die Ereignisse und Aktionen befahlen und so den Lauf der Revolution steuerten. Die Revolution wurde jedoch nach einiger Zeit so komplex, dass sie sich nicht mehr steuern ließ. Die Tötungsmaschinerie, eventuell von den Machthabenden, vielleicht vom Volk, möglicherweise von einer anderen Macht angeworfen, konnte nicht mehr gestoppt werden: Die Mechanismen hatten sich verselbstständigt. Damit wäre der Satz Ausdruck eines Fatalismus. Der Fatalismus schränkt die Selbstbestimmung der Menschen ein, indem er sagt, dass die Ereignisse von einer höheren Macht verursacht würden: Man kann es Schicksal, Vorhersehung oder auch anders nennen. Denn auch Saturn kann sich letztendlich nicht dem vorausgesagten Schicksal entziehen: Sein selbsterzeugtes Ende holt ihn ein.

    Quelle: Büchner, Georg (1979): Werke und Briefe. Dantons Tod. S. 26.

  • Gib Gründe für den späten Erfolg des Werkes an.

    Tipps

    Ist der Stoff heute noch relevant? Sind die behandelten Probleme im Drama heute gelöst? Wie steht es um den Gegensatz zwischen Arm und Reich?

    Lösung

    Büchners Dramen sind von nicht zu unterschätzender Aktualität, denn auch heute finden wir in der Welt Revolutionen, die meist so schlimm ausgehen wie diese historische Vorlage. Es geht Büchner also sowohl um eine historische und zeitkritische Einordnung der Revolution als auch um die Grundfragen unserer Existenz: Warum und wofür kämpfen wir? Welche Probleme stehen eigentlich am Anfang unserer Gesellschaft und warum sind diese Probleme so schwer lösbar? Es geht um finanzielle, geistig-intellektuelle und um symbolische Machtunterschiede, vor allem zwischen Arm und Reich.

    Die Zensur machte allerdings eine Rezeption schwierig. Erst verspätet zeigte das Werk seine Aktualität, indem sich bekannte Schriftsteller wie Gerhart Hauptmann auf Vorträgen und in Schriften nach der Veröffentlichung des Werkes dafür einsetzten.

  • Untersuche das folgende Zitat Dantons.

    Tipps

    Fatalismus und Lebensüberdruss können eng verwandt sein. Wie hängen sie miteinander zusammen? Wie zeigt sich das im obigen Zitat?

    Lösung

    Danton wird von Anfang an als melancholischer Typ charakterisiert. Er sieht, wie vergeblich alle Bemühungen waren und wie sich das Rad der Zeit immer weiter dreht. Dass auch er nicht positiv auf die Ereignisse einwirken und beispielsweise die Septembermorde verhindern konnte, schreibt er dem Fatalismus zu. Seine Einstellung bringt ihn zu der Einsicht, dass auch die Machthabenden keinerlei Macht mehr haben: Die Revolution lenkt sich selbst.

    Dieser Kontrollverlust – auch über sein eigenes Leben – macht Danton des Lebens überdrüssig. Im Zeitvertreib mit den Sinnesfreuden des Lebens verliert er mehr und mehr den Bezug zu dessen Sinnhaftigkeit. Häufige Zitate wie das obige belegen diese depressive Niedergedrücktheit. Er spricht natürlich metaphorisch. Die Hülle der Zeit - also der Zuber - ist zu groß für die Essenz: den Inhalt. Das Ziel rechtfertigt die Mittel nicht mehr. Es geht um Unproportioniertheit. Die Resignation bewirkt, dass Danton selbst für seine Freiheit nicht mehr kämpfen will: Wenig später wird er verhaftet.

    Büchner, Georg (1979): Werke und Briefe. Dantons Tod. S. 35.

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