Gesellschaftlicher Wandel im Kaiserreich
Das Kaiserreich Deutschland befand sich zeitlich mitten in der Phase der Hochindustrialisierung. Diese veränderte das Leben der Menschen in nahezu allen Lebensbereichen.
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30 Tage kostenlos testenInhaltsverzeichnis zum Thema
- Technik und Wirtschaft im Kaiserreich
- Arbeit und Gesellschaft
- Neue politische Strömungen im Kaiserreich
- Presse im Kaiserreich
- Berlin – Die Reichshauptstadt als Symbol der Industrialisierung
Technik und Wirtschaft im Kaiserreich
Wenn du dich fragst, was genau den Wandel in Gesellschaft und Wirtschaft zu Zeiten des Kaiserreiches ausgelöst hat, dann kann die Antwort nur die Industrialisierung sein. Zwar ging diese Entwicklung nicht überall gleich schnell vonstatten, doch ob du nun das Deutsche Kaiserreich oder England betrachtest: Überall profitierten Wirtschaft, Industrie, Medizin, Versorgung, Mobilität, Militär oder auch die Wissenschaft von neuen Maschinen, effektiveren Produktionstechniken und der massenhaften Produktion von Waren. Die Gesellschaften erlebten einen nie gekannten Entwicklungsschub, worauf die Bevölkerungszahlen aller Industriestaaten in die Höhe schossen.
Arbeit und Gesellschaft
Die neuen Arbeitsmethoden führten zur Entstehung eines ganz neuen Typs Arbeiter, dem sogenannten Lohnarbeiter. Wie so häufig in der Geschichte konnte dabei die sozial-gesellschaftliche Entwicklung nicht mit der des Fortschritts und der Technik Schritt halten. Elend, Armut und katastrophale Lebensbedingungen der Lohnarbeiter wurden kurz nach einer anfänglichen Verbesserung der Umstände schnell zum Hauptproblem dieser Zeit. Es entstanden zwar große Fabriken und auch viele neue Berufe und die Eigentümer dieser Fabriken machten durchaus große Gewinne, doch die neuen Arbeiterschichten hatten davon leider nichts. Sie lebten und arbeiteten unter teils menschenunwürdigen Verhältnissen. Von Arbeitnehmerrechten oder gar politischem Mitspracherecht ganz zu schweigen.
Neue politische Strömungen im Kaiserreich
Wie sahen die grundlegenden geistigen und politischen Ideen des 19. Jahrhunderts aus? Doch dies sollte sich ändern, denn die Lebensumstände der Arbeiter blieben nicht lange unbeobachtet. Neue politische und ideologische Strömungen versuchten auf die prekäre Lage der Arbeiter aufmerksam zu machen und die sogenannte soziale Frage zu lösen. Waren die grundlegenden geistig-politischen Ideen des 19. Jahrhunderts noch der Liberalismus, Konstitutionalismus und Nationalismus, entstanden nun die Sozialdemokratie und kommunistische sowie sozialistische Strömungen und Ideen. Diese avancierten schnell zum Sprachrohr der neuen Arbeiter.
Vor allem in Deutschland wuchs die Sozialdemokratie schnell zur größten politischen Kraft heran, trotz vielerlei Maßnahmen seitens der Staaten und Monarchien, diese so klein wie möglich zu halten (u. a. Bismarcks Sozialistengesetze). Die führenden Köpfe hier waren zum Beispiel August Bebel, Rosa Luxemburg oder auch Friedrich Ebert. Auch die Wissenschaft nahm sich dem Thema an und Fächer wie die Nationalökonomie oder die Soziologie entstanden.
Presse im Kaiserreich
Wie war die Presse im Kaiserreich aufgestellt? Zwar waren die schlimmsten Zeiten der Restauration überwunden, doch konnte von einer freien Presse im heutigen Sinne nicht die Rede sein. Ungehindert einen König oder Fürsten zu kritisieren, hatte meist ernsthafte Konsequenzen. Zur Kaiserzeit Deutschlands nannte sich das „Ehrenschutz von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“. Noch immer also herrschten Zensur, staatliche Kontrollen und Unterdrückungsmaßnahmen. Zeitungen konnten ohne Gerichtsbeschluss beschlagnahmt werden. Doch die rasche gesellschaftliche Entwicklung tat auch hier ihr Übriges und es etablierten sich immer mehr Zeitungen, die wieder einen kritischeren Blick auf ihre Zeit warfen. Die Restauration verlor mehr und mehr an Gewicht.
Berlin – Die Reichshauptstadt als Symbol der Industrialisierung
Keine Stadt Deutschlands steht symbolträchtiger für die Jahre der Industrialisierung und des Kaiserreiches wie Berlin! Sie war das politische, ökonomische, kulturelle sowie wissenschaftliche Zentrum des Kaiserreichs. 1871 wird sie Hauptstadt und der Aufschwung der Gründerjahre führt rasch zur Ansiedlung zahlreicher Unternehmen. 1877 überschreitet die Stadt dann erstmals die Millionengrenze. Namhafte Firmen wie Siemens haben hier ihren Ursprung, genau wie die 1875 gegründete Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (ab 1890 dann SPD).
Die einsetzende Verstädterung durch die Industrialisierung nahm hier extreme Züge an. 1900 hat Berlin etwa 1,9 Millionen Einwohner und um die eine Million Wohnungen. Der „Neue Westen“ um den Kurfürstendamm entwickelte sich zu einem der kulturellen Zentren Europas durch moderne wie kunstvolle Ausstattungen. Die ersten elektronischen Straßenbahnen, wie in Lichterfeld, wurden in Betrieb genommen oder 1907 das berühmte Kaufhaus KaDeWe eröffnet. Auch der Wissenschaftsstandort Berlin wurde ausgebaut. Die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften (heute Max-Planck-Gesellschaft) wurde gegründet. Berlin erringt ein internationales Profil und namhafte Wissenschaftler wie Theodor Mommsen oder eben Max Planck haben hier ihre Wirkungsstätten.
Am Ende dieser spektakulären Ära der Kaiserzeit stand mit dem 9. November 1918 noch ein Tag, der all den Wandel und das Chaos noch einmal zusammenzufassen versuchte. Im Zuge der Novemberrevolution verkündet Reichskanzler Prinz von Baden die Abdankung Kaiser Wilhelms des II. und übergibt die Regierungsgeschäfte an Friedrich Ebert. Zeitgleich aber ruft Philipp Scheidemann die freie deutsche Republik aus und Karl Liebknecht proklamiert eine freie sozialistische Republik. Das Ende des Kaiserreiches hätte kaum ereignisreicher sein können; und kaum woanders stattfinden können als in Berlin.
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