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Partielle Ableitungen und Tangentialebene

Du kennst bereits Ableitungen von Funktionen mit einer Veränderlichen. Wenn du Funktionen mit zwei oder mehr Veränderlichen nach einer dieser Veränderlichen ableiten möchtest, betrachtest du die übrigen als fest und leitest wie bei Funktionen mit einer Veränderlichen ab.

Inhaltsverzeichnis zum Thema

Funktionen mit mehreren Veränderlichen

Du kennst bereits Funktionen mit einer Veränderlichen, zum Beispiel f(x)=x2f(x)=x^2.

Bei Funktionen mit mehreren Veränderlichen hängt die Funktion nicht nur von einer Variablen xx ab, sondern von mehreren: xx, yy und zz oder – ganz allgemein – von x1x_1, x2x_2, ... Wir schreiben dann eine Funktion ff folgendermaßen:

f(x1;x2;...;xn)f(x_1;x_2;...;x_n).

Im Folgenden schauen wir uns Beispiele zu Funktionen mit zwei Veränderlichen an. Alles, was wir hier lernen, lässt sich analog auch auf mehr als zwei Veränderliche anwenden.

Partielle Ableitungen für Funktionen mit mehreren Veränderlichen

Beginnen wir mit der Funktion f(x;y)=x2+y2f(x;y)=x^2+y^2.

Der Funktionsgraph dieser Funktion ist eine Fläche im Raum und wird als Paraboloid bezeichnet. Dies kannst du dir wie eine 3D-Parabel vorstellen.

paraboloid.jpg

Was ist eine partielle Ableitung?

Wenn du bei der Funktion f(x;y)=x2+y2f(x;y)=x^2+y^2 mit y=y0y=y_0 eine Veränderliche festhältst, erhältst du eine Funktion h(x)=f(x;y0)=x2+y02h(x)=f(x;y_0)=x^2+y_0^2 in einer Veränderlichen. Deren Ableitung ist h(x)=2xh'(x)=2x.

Du kannst dir also eine partielle Ableitung so vorstellen: Du leitest die Funktion jeweils nach einer der beiden Veränderlichen ab und betrachtest dabei die andere Veränderliche als Konstante.

Die partiellen Ableitungen erster Ordnung

Die partiellen Ableitungen erster Ordnung werden so aufgeschrieben:

  • fx=fx\frac{\partial f}{\partial x}=f_x ist die partielle Ableitung erster Ordnung nach xx.
  • fy=fy\frac{\partial f}{\partial y}=f_y ist die partielle Ableitung erster Ordnung nach yy.

Häufiger werden die abkürzenden Schreibweisen fxf_x sowie fyf_y verwendet.

Man kann die partiellen Ableitungen erster Ordnung auch als Vektor schreiben. Dieser wird als Gradient bezeichnet:

f=(fxfy)=(fxfy)\nabla f=\begin{pmatrix} \frac{\partial f}{\partial x}\\ \frac{\partial f}{\partial y} \end{pmatrix}=\begin{pmatrix} f_x \\ f_y \end{pmatrix}.

Bei dem obigen Beispiel f(x)=x2+y2f(x)=x^2+y^2 ist somit fx=2xf_x=2x und fy=2yf_y=2y.

Schauen wir uns mit der Funktion g(x)=2sin(x)y3xy2g(x)=2\sin(x)\cdot y-3x\cdot y^2 ein weiteres Beispiel an. Die partiellen Ableitungen lauten:

  • gx=2cos(x)y3y2g_x=2\cos(x)\cdot y-3y^2 und
  • gy=2sin(x)6xyg_y=2\sin(x)-6x\cdot y.

Die partiellen Ableitungen zweiter Ordnung

Du kannst wie gewohnt auch Funktionen mit mehreren Veränderlichen mehrmals ableiten. Die partiellen Ableitungen zweiter Ordnung werden analog gebildet:

  • 2f2x=fxx=2\frac{\partial^2 f}{\partial^2 x}=f_{xx}=2,
  • 2fx y=fxy=0\frac{\partial^2 f}{\partial x~\partial y}=f_{xy}=0,
  • 2fy x=fyx=0\frac{\partial^2 f}{\partial y~\partial x}=f_{yx}=0 und
  • 2f2y=fyy=2\frac{\partial^2 f}{\partial^2 y}=f_{yy}=2.

Die partiellen Ableitungen zweiter Ordnung werden zusammengefasst zu der sogenannten Hesse-Matrix (hier in abkürzender Schreibweise):

Hf=(fxxfxyfyxfyy)\text{H}_f=\begin{pmatrix} f_{xx}&f_{xy} \\ f_{yx}&f_{yy} \end{pmatrix}.

Für die Funktion f(x;y)=x2+y2f(x;y)=x^2+y^2 ist die Hesse-Matrix hierdurch gegeben:

Hf=(2002)\text{H}_f=\begin{pmatrix} 2&0 \\ 0&2 \end{pmatrix}.

Anwendungen der partiellen Ableitung

Tangentialebene in einem Punkt

Bei Funktionen mit einer Veränderlichen kannst du mit Hilfe der ersten Ableitung an einer Stelle x0x_0 die Gleichung einer Tangente aufstellen.

Ähnlich funktioniert dies bei Funktionen mit mehreren Veränderlichen. Hier stellst du die Gleichung einer Tangentialebene auf.

Du benötigst die partiellen Ableitungen erster Ordnung. Wir schauen uns dies nochmals an dem Beispiel f(x;y)=x2+y2f(x;y)=x^2+y^2 an. Zunächst bestimmen wir den Berührpunkt. Dieser muss auf jeden Fall die Funktionsgleichung erfüllen: Für x0=1x_0=1 und y0=1y_0=1 ergibt sich z0=f(x0;y0)=12+12=2z_0=f(x_0;y_0)=1^2+1^2=2. Der zu untersuchende Punkt hat also die Koordinaten (112)(1|1|2).

Eine Tangentialebene wird allgemein durch diese Gleichung beschrieben:

zz0=fx(x0;y0)(xx0)+fy(x0;y0)(yy0)z-z_0=f_x(x_0;y_0)(x-x_0)+f_y(x_0;y_0)(y-y_0).

Wir können unseren Punkt in diese Gleichung einsetzen:

  • Dies führt zu der Gleichung z2=2(x1)+2(y1)z-2=2(x-1)+2(y-1).
  • Du kannst nun wie folgt umformen: z2=2x2+2y2z-2=2x-2+2y-2, also z2=2x+2y4z-2=2x+2y-4.
  • Diese Gleichung kannst du zu einer Ebenengleichung in Koordinatenform umstellen: E: 2x+2yz=2E:~2x+2y-z=2.

Die notwendige Bedingung bei Extrema

Die notwendige Bedingung für Extrema bei Funktionen mit einer Veränderlichen lautet f(x)=0f'(x)=0. Bei Funktionen mit mehreren Veränderlichen muss der Gradient der Nullvektor sein. Das bedeutet, dass jede partielle Ableitung erster Ordnung gleich 00 sein muss. Für f(x)=x2+y2f(x)=x^2+y^2 bedeutet dies:

  • fx=2x=0f_x=2x=0, also ist x=0x=0.
  • fy=2y=0f_y=2y=0, also ist y=0y=0.

Übrigens gilt als hinreichende Bedingung einer Hesse-Matrix, dass deren Determinante größer ist als 00.

  • Wenn H1;1\text{H}_{1;1} positiv ist, liegt ein lokales Minimum vor,
  • wenn H1;1\text{H}_{1;1} negativ ist, liegt ein lokales Maximum vor und
  • ansonsten ein Sattelpunkt.

Bei der Funktion f(x;y)=x2+y2f(x;y)=x^2+y^2 gelten folgende Eigenschaften:

  • det(Hf)=4>0\det(\text{H}_f)=4>0 und
  • H1;1=2>0\text{H}_{1;1}=2>0.

Es liegt also ein lokales Minimum vor, wie du auch an der abgebildeten Fläche erkennen kannst.

paraboloid.jpg

Die Kettenregel bei Funktionen mit mehreren Veränderlichen

Zu guter Letzt lernst du noch die Kettenregel für Funktionen mit mehreren Veränderlichen kennen. Sei z=f(x(t);y(t))z=f(x(t);y(t)) eine Funktion mit mehreren Veränderlichen. Die Veränderlichen sind xx und yy, wobei sowohl x=x(t)x=x(t) als auch y=y(t)y=y(t) jeweils von der Veränderlichen tt abhängen.

Dann lässt sich zz wie folgt nach tt ableiten:

z(t)=fxx(t)+fyy(t)z'(t)=\frac{\partial f}{\partial x}\cdot x'(t)+\frac{\partial f}{\partial y}\cdot y'(t).

Das erinnert dich sicher an die Kettenregel für Funktionen mit einer Veränderlichen.

  • Hier sind fx\frac{\partial f}{\partial x} und fy\frac{\partial f}{\partial y} jeweils die Ableitungen der äußeren Funktionen.
  • x(t)=dxdtx'(t)=\frac{dx}{dt} sowie y(t)=dydty'(t)=\frac{dy}{dt} sind die Ableitungen der inneren Funktionen.

Auch hier schauen wir uns wieder ein Beispiel an:

z(t)=(x(t))2+(y(t))2=(t22)2+(2t+1)2z(t)=(x(t))^2+(y(t))^2=(t^2-2)^2+(2t+1)^2.

Hier ist x(t)=t22x(t)=t^2-2 und damit die erste Ableitung x(t)=2tx'(t)=2t sowie y(t)=2t+1y(t)=2t+1 und die erste Ableitung y(t)=2y'(t)=2.

Nun kann die Kettenregel angewendet werden:

z(t)=2x(t)2t+2y(t)2=2(t22)2t+2(2t+1)2=4t38t+8t+4=4t3+4.\begin{array}{rcl} z'(t)&=&2x(t)\cdot 2t+2y(t)\cdot 2\\ &=&2(t^2-2)\cdot 2t+2(2t+1)\cdot 2\\ &=&4t^3-8t+8t+4\\ &=&4t^3+4. \end{array}